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“Für eine ehrenamtliche Tätigkeit ist es nie zu spät”

Herr Dr. Geyer, kürzlich waren Sie einer der Referenten beim nordjob-Forum zum Thema „Berufliche Chancen durch soziales Engagement“.

Warum ist das für Sie als Vertreter der Arbeitgeber überhaupt ein Thema?

Geyer: Persönliches Engagement ist natürlich für Unternehmen immer ein wichtiger Faktor. Gesellschaftlich steht ehrenamtliches Engagement dabei in einem anderen Fokus als noch vor einigen Jahren, wird in der Öffentlichkeit stärker beworben und wahrgenommen. Und das ist ganz entscheidend: Immer mehr Menschen wird bewusst, dass die Gesellschaft ohne ehrenamtliches Engagement gar nicht funktionieren würde.

Wie wichtig ist der Nachweis einer ehrenamtlichen Tätigkeit heute für den Lebenslauf?
Kann das positiven Einfluss bei einer Bewerbung haben?

Geyer: Als Nachweis im Lebenslauf oder in einer Bewerbungssituation kann sich ehrenamtliches Engagement auf jeden Fall positiv auswirken. Beispielsweise schon als Hilfe für Personaler, was die Differenzierung einzelner Kandidaten angeht. Schulnoten sind heute häufig nicht mehr besonders aussagekräftig, seit das Drei-Schulen-System aufgeweicht wurde. Hat man zwei Bewerber mit eher schlechten Noten, kann der Einsatz für eine ehrenamtliche Aktivität durchaus vorteilhaft – und damit dann das Zünglein an der Waage – sein.

Gerade in spannenden Situationen wie Vorstellungsgesprächen ist es außerdem prima, wenn Bewerberinnen und Bewerber selbst etwas anbieten können, also über ein Thema erzählen, für das sie sich einsetzen und in dem sie sich sicher fühlen. Ein echter Pluspunkt für die Gesprächsatmosphäre – die ja ebenfalls ausschlaggebend für eine Entscheidung sein kann.

Welche besonderen Qualitäten bringen junge Menschen mit, die – im Gegensatz zu anderen – ein Ehrenamt begleiten?

Geyer: Für mich ganz wichtig: Sie sind interessierbar. Indem sie sich freiwillig für etwas einbringen zeigen sie, dass sie sich für mehr interessieren als nur sich selbst, damit über den eigenen Horizont herausblicken. Und genau dieses Interesse, diese Neugier ist eine ganz wichtige Eigenschaft, egal in welchem Alter.

Darüber hinaus schult der Einsatz in einer ehrenamtlichen Tätigkeit entscheidende Kompetenzen wie z.B. Eigenständigkeit, Organisationsgeschick oder Konfliktstärke. Wenn man sich aus freiem Willen nachhaltig für eine Sache einsetzt, stärkt das die eigene Persönlichkeit.

Mal abgesehen davon, dass es oft auch zufrieden – wenn nicht gar glücklich – macht, sich zu engagieren. Für viele Menschen ist ihr Ehrenamt sogar der Kitt, der alles zusammenhält, eine Aufgabe, die sie ausmacht. Wer die Augen offenhält, findet auch für sich selbst ein passendes Angebot. Heute gibt es ja sehr vielseitige Möglichkeiten, sich zu engagieren, da ist für jeden etwas dabei.

Würden Sie Bewerbern empfehlen, bestimmte Ehrenämter im Lebenslauf zu nennen und andere eher nicht? Also etwa: Mitarbeit beim Tierschutz ja, die Mitarbeit in einer bestimmten Partei eher nein?

Geyer: Ich würde nicht differenzieren zwischen der Art des Ehrenamts, sondern vielmehr hinsichtlich der Art der begleiteten Rolle. Je nach angestrebtem Berufsziel ist bei der Auswahl junger Bewerber vor allem entscheidend, welche Aufgaben die- oder derjenige im jeweiligen Ehrenamt wahrgenommen hat. Die Arbeit für eine Partei kann dabei durchaus spannend sein – gerade was Konfliktmanagement oder Meinungsbildungsprozesse angeht, ist die Lernkurve hier naturgemäß hoch.

Entscheidend sind oft Faktoren wie Aktionsradius oder Verantwortung, die von den jungen Menschen angenommen werden. Was sie sich selbst zutrauen, ob sie also bewusst spezielle, auch fordernde Aufgaben übernehmen. Gerade wenn sie vielleicht einen Posten als Führungskraft anstreben, sind genau das Eigenschaften, die später gefragt sind.

Bei Jugendlichen, die ihren Weg beispielsweise als Facharbeiter gehen wollen, mag das hinsichtlich ihres Lebenslaufes etwas anders aussehen, hier sind meist vor allem praktische Fähigkeiten im angestrebten Bereich relevant. Aber auch hier sind Eigenschaften, die ehrenamtlicher Einsatz schult, langfristig wichtig: Ob persönliche Stabilität, Flexibilität oder eine offene Art zu kommunizieren – Facetten wie diese sind heute branchen- und positionsübergreifend immer bedeutender.

Gehen Sie selbst einem Ehrenamt nach oder haben Sie früher eine ehrenamtliche Tätigkeit begleitet?

Geyer: Ich selbst habe in den vergangenen Jahren immer wieder Ehrenämter begleitet, bei mir ging es allerdings noch nicht direkt als Jugendlicher los sondern etwas später. Aber für eine ehrenamtliche Tätigkeit ist es ja nie zu spät!

So war ich vor einigen Jahren einer der Gründer und verantwortlicher Vorsitzender des Hochschulfördervereins, mit dem wir es geschafft haben, dass die Wirtschaftswissenschaften an der Universität verbleiben. Aktuell bin ich Aufsichtsrat der Diako, im Hochschulrat der Hochschule und als ehrenamtlicher Richter am Landessozialgericht tätig.

Toll finde ich, dass es heute so viele Möglichkeiten gibt, sich niedrigschwellig über die verschiedenen Angebote zu informieren, die Ehrenamt bietet. Dadurch lässt sich einfach und altersunspezifisch genau die Aufgabe finden, die gut zu einem passt.

Vielen Dank für das Gespräch.

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